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Ein neuer Held?

Wir haben dich ja schon zum Gott gemacht. Zusätzlich auch noch ein Held zu werden, sollte dann ja kein Problem sein, oder? „Größenwahn“, höre ich dich murmeln? Nicht unbedingt. Lies einfach weiter und entscheide dann selbst, ob du diese Art von Held sein möchtest.

Der Hintergrund für dieses Kapitel ist der Archetyp der Heldenreise, den du garantiert aus Büchern, Filmen oder Videospielen kennst. In dieser Art von Geschichte geht es immer darum, dass ein Held als mindestens unscheinbarer oder sogar benachteiligter Charakter auf seine Reise geht und im Laufe der Zeit nicht nur heldenhafte Taten vollbringt, sondern dabei selbst auch lernt, wächst und seine Persönlichkeit verändert. 

Superhelden

Jeder Mensch auf der Welt ist in seinem eigenen Film, weil sehr viel unserer Wahrnehmung durch die Geschichten in unserem Kopf bestimmt wird – darüber haben wir ja schon gesprochen. Deine Persönlichkeit hat dabei einen sehr großen Einfluss darauf, was du dir erzählst. Also können wir sagen: Deine Persönlichkeit bestimmt deine Realität. Macht Sinn, oder? Genauso ist es auch für unsere Helden. Und mit deiner Persönlichkeit, deinem Selbstbild, beschäftigst du dich ja eh, seit du angefangen hast, diesen Weg zu gehen. Ich vermute, dir ist schon klar, worauf das hier hinausläuft. Wir schicken dich auf deine eigene Heldenreise. Im Laufe dieser Reise veränderst du deine Persönlichkeit und damit auch deine Realität, deine Erfahrungen, dein Leben.

Schau dir einmal an, welche Veränderungen die Helden in den Geschichten häufig durchmachen:​

  • Sie lernen, Verantwortung zu übernehmen, weil sie wie auch immer eine große Macht erhalten oder ihnen die Verantwortung einfach in den Schoß fällt.

  • Sie müssen sich ihren Ängsten stellen, weil sie selbst oder ihre geliebten Menschen sonst zu Schaden kommen.

  • Sie lernen, sich zu überwinden, ihnen unangenehme Dinge zu tun, weil diese letztendlich zu einem positiven Ergebnis führen.

Image by Patrick Tomasso

Dir fallen bestimmt noch mehr Veränderungen ein, die Helden in deinen Lieblingsgeschichten durchmachen. Denk einmal darüber nach, wie diese Figuren dabei ihre Persönlichkeit ändern. Ein ganz wichtiger Faktor ist dabei aber bei allen Heldenreisen gleich. Und zwar steht der Held im Mittelpunkt der Geschichte. Er spielt keine Nebenrolle. Genauso machen wir auch dich zum Mittelpunkt deiner Reise. Du spielst die Hauptrolle in deinem eigenen Film.

Der erste Schritt ist dabei total einfach für dich, weil du ihn schon getan hast. Er besteht darin, die „alte“ Geschichte, die du dir über dich selbst erzählst, zu erkennen. Dazu gehört dein Ego, dein Schmerzkörper, die Geschichten in deinen emotionalen Verdauungsstörungen. Suche gezielt die „Regeln“, die aktuell beschreiben, wie du dich verhältst. Das ist deine Persönlichkeit. Ja sicher, ein Teil deiner Persönlichkeit ist dein Charakter, der teils genetisch bestimmt ist, keine Frage. Aber ein großer Teil eben auch nicht. Du hast ja auch schon gemerkt, wie schmerzhaft diese Erkenntnisse sein können, weil das Ego Veränderungen nicht mag. Aber von ein paar unangenehmen Gedanken lässt sich ein Held ja nicht aufhalten, oder?

Und hey, auch den zweiten Schritt hast du im Grunde schon erledigt. Denn er besteht darin, deinen Helden zu beschreiben. Schau mal in deine Notizen zu deinem Selbstbild. Da steht schon drin, was dich als Held ausmacht. Nimm dir deine Aufzeichnungen noch einmal zur Brust und schreibe dazu, was sie genau für die Persönlichkeit deines Helden bedeutet. Wie würdest du diese beschreiben? Überlege dir auch ganz genau, was der Antrieb für dich als Held ist. In einem späteren Kapitel reden wir noch einmal im Detail über diesen Antrieb, deinen „Sinn“, sozusagen. Aber es ist gut, wenn du jetzt schon darüber nachdenkst und dir Notizen machst. Schritt drei ist die Brücke zwischen deiner „alten“

Persönlichkeit und deiner Heldenpersönlichkeit. Es tut mir Leid, dass ich dir an dieser Stelle keine rote Pille geben kann, kein magisches Schwert und auch keinen gläsernen Schuh, denn hier unterscheidet sich die Geschichte von der Realität. Deine Persönlichkeit bestimmt deine Realität, erinnerst du dich? Und woraus besteht deine Realität? Aus Gedanken, Erfahrungen und Handlungen. Die Gedanken haben wir in Ordnung gebracht, denn du kennst dich als Held jetzt. Erfahrungen sind Konsequenzen deiner Handlungen, die du in deinen Gedanken verarbeitet hast. Bleibt nur noch eine Sache übrig, um die wir uns an dieser Stelle kümmern müssen: Die Handlungen.

Um deine neue Heldenpersönlichkeit wirklich zu leben, wirst du nicht darum herumkommen, dein Verhalten zu ändern. Kurz gesagt: Handele, wie es dein Held tun würde. Beginne zunächst ruhig mit kleinen Dingen, aber ohne eine Anpassung deiner Handlungsweisen bleibt deine Geschichte eine Geschichte und wird nicht zur Realität werden. Wenn du etwas ändern möchtest, musst du diese Brücke überqueren, und dabei kann dir niemand anderes helfen. Du bist die Hauptrolle. Der Held sprengt seine Grenzen, bricht die alten Regeln, die seine Persönlichkeit bisher festgelegt haben, auch wenn es sich am Anfang ungewohnt und komisch anfühlt. Das ist zu erwarten, du verlässt immerhin deine Komfortzone. Aber glaube mir, du wirst dich schneller daran gewöhnen, als du es dir jetzt vorstellen kannst. Zudem wird dir der Rest dieses Buches dabei helfen, weil dir viele Ansätze und Strategien dafür mitgegeben werden. Du wirst jedoch nicht drum herum komme, deine alten Labels abzulegen, wenn du dich neu erfinden möchtest.

Image by Jakob Owens

1. Unser Held hat ist immer pleite, hat konstant Geldprobleme und bekommt deshalb auch den Rest seines Lebens nicht in den Griff.

Handlung 1: Der Held stellt fest, dass seine Art, mit Geld umzugehen, nicht sonderlich zielführend ist. Obwohl es ihm extrem schwer fällt, fängt er an, sein Verhalten zu ändern. Nach einigen Rückschlägen und viel Lernfortschritt kommt er an seinem Ziel an und hat sein Leben verbessert. Dabei hat er auch gelernt, dass Geld im Grunde gar nicht das Problem war.

Handlung 2: Der Held ist unglücklich und deprimiert. Wir sehen nach und nach, wie sein Chef zufrieden lebt und immer reicher wird, weil er niedrige Gehälter zahlt. Wir sehen, wie die Werbeindustrie neue Ideen entwickelt, die unseren Helden dazu bringen, sein Geld auszugeben. Wir sehen, wie die Freunde des Helden ihn überreden, mit in den teuren Urlaub zu kommen, den er sich eigentlich nicht leisten kann. Am Ende steht der Held genauso da, wie am Anfang, und zählt noch einmal auf, wer alles verhindert, dass er seine Ziele erreicht.

Image by Mimi Thian
Image by Allef Vinicius

2. Unsere Heldin sitzt vor einem Computer, nebenbei läuft der Fernseher, sie ist alleine und hat keinen Partner. Sie sieht in den sozialen Medien, wie andere Menschen glücklich sind, etwas mit ihren Freunden unternehmen, tolle Beziehungen führen, und das macht sie traurig.

Handlung 1: Wir sehen verschiedene Rückblicke in das Leben unserer Heldin, weil sie sich an diese Stationen immer wieder erinnert. Wie sie als Kind gehänselt wurde, weil sie krumme Zähne hatte und sich deshalb lieber zurückgezogen hat, als mit den anderen zu spielen. Wir sehen, wie sie sich nie wirklich getraut hat, einen Partner zu suchen, weil ihr klar war, dass die anderen nicht erkennen werden, wie liebenswert sie eigentlich ist. Wir sehen, wie Schulkameraden und Arbeitskollegen einfach nichts mit ihr zu tun haben wollten, weil sie oberflächlich und arrogant sind und introvertierte Menschen einfach nicht als Freunde haben wollen. Am Ende des Films sitzt sie immer noch vor dem Computer und nichts hat sich geändert.

Handlung 2: Unsere Heldin fängt an, im Internet zu recherchieren und Bücher zu lesen, weil sie einfach keine Lust mehr hat, so weiter zu machen, wie bisher. Wir sehen, wie sie sich mit ihren Gedanken beschäftigt und herausfindet, warum es ihr an Selbstvertrauen mangelt. Wir sehen, wie sie sich mit dem Thema soziale Intelligenz beschäftigt und versteht, dass ihr Verhalten in sozialen Situationen andere Leute abgeschreckt hat. Wir sehen, wie sie ihr Leben ändert und dabei stolpert, fällt und wieder aufsteht. Wir begleiten sie bei der Entdeckung der Fassade, die Menschen im Internet aufstellen und der Wahrheit dahinter: Auch diese scheinbar perfekten Leben sind voller Herausforderungen. Am Ende des Films sitzt sie wieder vor ihrem, Computer, glücklich und zufrieden, wissend, dass sie nächsten Tag ein Date hat und am Wochenende etwas mit ihren Freunden unternimmt. 

3. Unser Held trinkt am Abend ein Bier in seiner Küche. Er ist frustriert, weil es bei der Arbeit wie jeden Tag Probleme gegeben hat. Wir begleiten ihn beim Abendessen und später auf der Couch, wo zwar der Fernseher läuft, aber seine Gedanken immer wieder zu seinen unfähigen Arbeitskollegen und seinem tyrannischen Vorgesetzten wandern. Wir sehen, wie er angetrunken ins Bett geht, Albträume über die Arbeit hat, und am nächsten Tag übermüdet und schlecht gelaunt wieder ins Büro aufbricht.


Handlung 1: In seiner Mittagspause trifft unser Held einen Bekannten, dem er von seiner Situation bei der Arbeit berichtet und dabei sehr wütend und zeitgleich deprimiert wirkt. Der Bekannte vermutet, dass das Problem gar nicht unbedingt die Arbeit ist, sondern die mangelnde Abwechselung im Lebens unseres Helden, weil er wenig Freunde hat, keinen wirklichen Hobbys nachgeht und deshalb die Arbeit viel zu viel Raum in seinen Gedanken einnimmt.

Der Held will davon erst mal nichts hören, fängt dann aber doch an, sich Gedanken zu machen. Ihm fällt ein, wie gerne er als Kind Modelle gebaut hat und macht sich zum Ziel, ein Modell vom Eiffelturm zu bauen.

In seiner Studienzeit war er zudem aktiver Schwimmer im Verein, außerdem hat ein auch ein paar Kilos zugelegt in den letzten Jahren, warum also nicht wieder in den Schwimmverein eintreten? Wir sehen, wie er seine Freizeit mit den Modellen und beim Schwimmtraining verbringt, durch den Modellbau und den Schwimmverein neue Freunde findet und letztendlich sogar seine Traumfrau trifft. 

Handlung 2: Wir verfolgen den Tagesablauf unseres Helden. Dabei sehen wir, wie verschiedene Teammitglieder bei seinem Job Fehler machen oder Dinge vergessen. Sie haben zu schwere Aufgaben bekommen oder sind aus verschiedenen Gründe nicht motiviert. Wir sehen, wie sein Chef heimlich im Büro trinkt und erfahren über dessen Eheprobleme, die dafür sorgen, dass er konstant schlechte Laune hat und diese an seinen Mitarbeitern auslässt. Wir erfahren etwas über die wirtschaftliche Situation der Firma und warum es gerade schwierig im Markt ist. Am Ende des Films sehen wir erneut das typische Abendprogramm unseres Helden. 

Ich hoffe, die Beispiele erklären einigermaßen, was ich mit „Hauptrolle“ meine. Mein Wunsch ist, deinen Film zu einer Geschichte der Weiterentwicklung deiner Heldenpersönlichkeit zu machen, und nicht zu einer Sammlung von Geschichten über alle möglichen Dinge, die vermeintlich dein Glück verhindern.

 

Und, was denkst du, möchtest du so ein Held sein? 

Image by Esteban Lopez

Die Hausaufgabe

Der Auftrag ist in Kapitel schon beschrieben: Schreibe das Drehbuch deiner Heldengeschichte! Nutze dabei diese drei Schritte:

1. Notiere deine aktuelle Geschichte über dich selbst und suche dabei die Regeln, die deine Persönlichkeit bestimmen.

2. Beschreibe im Vergleich dazu deine Heldenpersönlichkeit. Wie unterscheidet sich diese davon, wie du jetzt bist?

3. Analysiere, wie sich das Verhalten deines Helden von deinem aktuellen Verhalten unterscheidet und fange an, nach und nach wie der Held zu handeln.

Wie gesagt, am Anfang wird es nicht so einfach sein, aber tu einfach dein Bestes, in kleinen Schritten, und du wirst sehen, dass es funktioniert.

Der Merksatz

Ich bin der Held in meiner eigenen Geschichte.

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