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Falsche Überzeugungen?

Denkst du manchmal, dass du etwas nicht verdienst? Einen guten Job oder eine tolle Beziehung zum Beispiel? Kannst du keine öffentlichen Reden halten oder mit Fremden sprechen, weil du zu schüchtern bist? Traust du dich nicht, einem Chor beizutreten, obwohl du gerne singen willst? Fühlst du dich ab und zu wertlos, weil du nicht bist wie die anderen, nicht dem Idealbild der Gesellschaft entsprichst?

Image by Ben White

Über ähnliche Fragen haben wir schon gesprochen und die „Gegenspieler“ in dir entdeckt. Es gibt aber auch Gegenspieler außerhalb von dir, und zwar die Meinungen deiner Mitmenschen. Diese können zu Schwierigkeiten für dich werden, wenn du sie lässt. Und wenn du dich in einem der genannten Gedanken wiederfindest, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass du sie lässt. Das, was hier am Werke ist, nennen Psychologen negative Überzeugungen oder Beliefs.

Dies sind Bilder, Ideen oder Geschichten, die wir über uns selbst haben. In den Beispielen beziehen sich die Überzeugungen immer auch auf andere Menschen. Du erwartest, dass jemand anders negativ auf dich reagiert, dich auslacht, dich nicht ernst nimmt. Und deshalb verhältst du dich anders, als du möchtest.

 

Andere Menschen üben also Einfluss auf dich aus, OHNE dass sie überhaupt etwas tun. Ziemlich schräg, oder?

Image by niu niu

Unser Ziel ist unzerstörbares Selbstvertrauen. Also sollten wir versuchen, die negativen Überzeugungen zu zerstören. Ich meine, willst du anderen so viel Macht über dich geben? Sollen sie, ohne etwas zu tun, dein Leben negativ beeinflussen? Im Grunde tun sie es ja gar nicht. Sondern du selbst. Durch deine Beliefs projizierst du deine eigenen Unsicherheiten auf andere und darauf, wie sie auf dich reagieren werden. Klingt nicht wie etwas, das ein Gott tun würde, wenn du mich fragst. Deshalb ist es deine Aufgabe, herauszufinden, woher diese Überzeugungen kommen und sie dann gezielt abzustellen. Die Grenzen sind nur in deinem Kopf.

Die Hausaufgabe

Die amerikanische Psychologie-Professorin Sonja Lyubomirsky beschreibt in ihrem Buch „Glücklich sein“ das ABCDE-Schema, welches aus fünf Schritten besteht und dir helfen wird, deine negativen Beliefs in den Griff zu bekommen:

 

1. Adversity / Die Widrigkeit:

Schreibe auf, was deine negativen Gedanken über dich selbst ausgelöst hat. Das kann ein generelles Problem oder ein bestimmtes Ereignis sein. Hat beispielsweise ein Fremder negativ auf dich reagiert? Hast du in der Bar einen Korb bekommen? Hast du schon immer Angst gehabt, Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen? 

 

2. Beliefs / Die Überzeugungen:

Notiere dazu die automatischen negativen Gedanken, mit denen du auf das Problem reagierst. Zu den genannten Widrigkeiten könnten diese sein: „Ich sehe halt einfach irgendwie komisch aus“, „Das mit den Mädels kann ich nicht, darin bin ich einfach schlecht“, „Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt, weil ich mich immer blamiere und mich alle auslachen“.

 

3. Consequence / Die Reaktion:

Wie handelst du aufgrund der negativen Gedanken, welche Gefühle lösen Sie in dir aus? Schreibe auch dies auf. „Ich versuche, Fremden immer aus dem Weg zu gehen, ich fühle mich ängstlich und nicht wertgeschätzt“, „Ich traue mich immer weniger zu flirten und fühle mich ‚schlechter‘ als meine Freunde“, „Ich versuche, nicht aufzufallen, halte mich immer zurück und schäme mich dafür, wie ich bin.“.

 

4. Dispute / Die Debatte:

Hinterfrage deine negativen Gedanken, in dem du andere Ursachen für das ursprüngliche Problem oder Ereignis auflistest. Es muss ja nicht unbedingt an dir liegen. Füge diese Überlegungen deinen Notizen hinzu. „Der Fremde hatte bestimmt einfach nur einen schlechten Tag bei dem Dreckswetter“, „Ich kann halt nicht jeder gefallen, vermutlich bin ich einfach nicht ihr Typ oder sie ist vergeben“, „Eventuell bilde ich mir auch nur ein, dass alle mit dem Finger auf mich zeigen. Außerdem ist ihre Meinung doch auch nicht so wichtig.“  

5. Energize / Der Energieschub:

Die alternative Sichtweise auf mögliche andere Auslöser des Problems und das Sichtbarmachen deiner automatischen negativen Reaktion zusammen geben dir neue Energie durch neue Perspektiven und hilft damit, den Belief aufzulösen. 

Die Formulierung „Energize“ finde ich ein wenig befremdlich, aber im Großen und Ganzen ist das Schema sehr gut. Wie auch das Ego anfängt, sich aufzulösen, sobald du es erst einmal erkannt hast, so tun es auch die Beliefs. Dafür musst du das Schema schon häufiger durchspielen, aber irgendwann hast du einen guten Überblick über deine negativen Überzeugungen und kannst gegensteuern, sobald sie dich beeinflussen. 

Mit ein paar weiteren Überlegungen kannst du die Wirksamkeit auch noch verstärken, indem du deine Emotionen stärker mit einbaust:

- Überlege dir in Schritt 2 auch, was der positive Ansatz hinter der Überzeugung ist. Möchtest du niemanden stören, weil du besonders rücksichtsvoll bist? Keinem auf die Nerven gehen? Welchen „guten“ Hintergründe oder Auswirkungen könnten deine „schlechten“ Überzeugungen haben?

- Wenn du deine Reaktionen betrachtest, dann fühle auch den Verlust, den du durch deine Handlung erleidest. Wie fühlt es sich an, wenn deine Beliefs dein Glück verhindern?

- Verbinde zudem positive Emotionen damit, was passiert, wenn du etwas änderst. Stell dir vor deinem inneren Auge vor, was passiert, wenn du die negativen Überzeugungen abgelegt hast, und spüre, wie gut sich das anfühlt.

Wenn du diese Schritte – ABCDE-Schema mit den zusätzlichen emotionalen Komponenten – ein paar Wochen immer mal wieder durchgegangen bist, wirst du sehen: Deine Überzeugungen ändern sich. Aber auch hier gilt wieder: Regelmäßige Wiederholungen sind entscheidend, denn die Überzeugungen sind sehr oft tief in uns einprogrammiert und lassen sich nicht „mal eben schnell“ ändern. Wenn es dann aber klappt, haben andere Menschen plötzlich weniger Einfluss auf dein Verhalten und ihre Meinung hat keine Macht mehr über dich.

Der Merksatz

Ich kann alles tun und schaffen, was ich möchte, und lasse mich nicht von meiner inneren Stimme davon abhalten.

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