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Wähle dein Opfer

Eins vorweg: Keine Angst, ich möchte keine Rituale für dich als Gott etablieren, in denen es um irgendwelche Opfergaben geht. Vielmehr ist die Frage: Was bist du bereit zu opfern? Das klingt vielleicht im ersten Augenblick beängstigend, denn niemand möchte gerne etwas opfern. Wenn wir uns die Sache aber mal etwas genauer anschauen, dann kannst du es in deinem Leben eigentlich nicht vermeiden, Opfer zu erbringen.

Im letzten Kapitel sprachen wir von verzögerten Belohnungen. Eine andere Perspektive darauf ist, dass du dein kurzfristiges Glück opferst, um langfristige Zufriedenheit zu erreichen. Das Opfer ist also, die Pizza nicht zu essen. Das klingt dann doch schon wieder gar nicht so schlimm, finde ich. So gesehen hat dann im Grunde jede positive Sache eine negative Seite:

Image by LOGAN WEAVER
  • Du möchtest beruflich erfolgreich sein und deine eigene Firma gründen? Dann wirst du Zeit opfern müssen, denn wahrscheinlich werden 40 Stunden pro Woche nicht dafür ausreichen, ein Unternehmen aufzubauen. Auch musst du Sicherheit opfern, denn dein Verdienst hängt plötzlich von vielen Faktoren ab, nicht nur von dem, was in deinem Arbeitsvertrag steht.

  • Ein Spitzensportler zu werden ist dein Ziel? Dann wird wieder Zeit eines deiner Opfer sein, zusammen mit Schweiß und Schmerz, vielleicht sogar mit gesundheitlichen Langzeitfolgen. Auch ein wohlhabendes Leben könnte zu den Opfern gehören, weil für deinen Sport eine teure Ausrüstung nötig ist oder man damit nicht viel Geld verdienen kann.

  • Du willst bessere Beziehungen haben, sowohl romantischer Natur als auch mit deinen Freunden? Wenn du damit aktuell Probleme hast, dann wirst du vermutlich einen Teil deines Egos und deiner Persönlichkeit opfern müssen und den Schmerz akzeptieren, der mit der persönlichen Weiterentwicklung und dem Aufarbeiten deiner Traumata einhergeht.

Auch wenn diese Beispiele absichtlich etwas extrem gewählt sind, wird das Prinzip hoffentlich klar. Du wirst in deinem Leben immer wieder entscheiden müssen, welche Opfer du bereit bist zu erbringen. Man könnte auch sagen: Dein Erfolg wird dadurch definiert, welchen Schmerz du ertragen kannst.

Image by Anthony Tran

Schau dich einmal in deinem Bekanntenkreis um: Wie viele Leute erzählen, wie gerne sie Dinge möchten und das dies und das ihr größter Traum sein? Und dann sieh dir an, wie viele davon es auch durchziehen und die entsprechenden Opfer erbringen. Abnehmen, Geld sparen, weniger rauchen, ein Instrument lernen… alles, was „anstrengend“ ist, können wir in diesem Sinne als Opfer betrachten.

Der kanadische Psychologie-Professor Jordan Peterson geht noch einen Schritt weiter. Er beschreibt, wie jeder von uns in seinem Leben etwas bedeutendes opfern muss, um ein glückliches Leben zu führen: Die Unschuld, Freiheit und Naivität der Kindheit. Ihm geht es dabei also ums Erwachsenwerden und darum, Verantwortung zu übernehmen. Als Kind steht einem die Welt offen, man kann werden, was man möchte – Astronaut, Tischler, Pirat oder Rockstar, alles ist denkbar. In der Phantasie gibt es keine Grenzen, und die imaginären Entscheidungen haben keine wirklichen Auswirkungen auf das Leben. Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, an dem man das Opfer erbringen muss, zu entscheiden und die Konsequenzen zu tragen, sich mit der Realität des Lebens und den Anforderungen der Welt auseinander zu setzen. 

Der wichtige Punkte dabei ist aber: Die Entscheidung, welche Opfer wir bringen, liegt bei uns. Noch. Irgendwann aber wird das Leben für uns entscheiden. Je länger wir Dinge aufschieben, je länger wir versuchen, alle Schmerzen, alle Opfer zu vermeiden, desto weniger Möglichkeiten haben wir oder aber es wird zumindest schwerer, einige Pfade zu gehen. Mit 45 nach 25 Jahren Studium ohne Abschluss einen Ausbildungsplatz zu finden ist schwieriger als mit 19. Mit 20 ist es wesentlich leichter, sich ein Sixpack anzutrainieren, als mit 50.

Und je eher du lernst, mit deinen Emotionen umzugehen, desto leichter wird der Rest deines Lebens verlaufen.

Ich hoffe, die Beispiele in diesem Kapitel machen dir deutlich, was ich mit „Opfern“ meine. Es ist einfach besser, zu wählen, welchen Schmerz du bereit bist, zu ertragen, als das Leben und die Umstände für dich entscheiden zu lassen. Die Entscheidung komplett vermeiden kannst du nicht.

Die Hausaufgabe

Schaue dir deine Ziele im Leben an und lege den Fokus dabei auf die Opfer, die du erbringen musst, um die Ziele zu erreichen. Sie ganz ehrlich zu dir und überlege auch, wo du vielleicht äußere Umstände oder andere Ausreden vorschiebst, obwohl du im Grunde eigentlich nur den Schmerz vermeiden willst, der mit einem gewissen Weg verbunden ist. Betrachte insbesondere die Entscheidungen, die du schon lange aufschiebst, um Opfer zu vermeiden. Glaubst du, dass die Entscheidung in Zukunft einfacher wird? Oder wird der Schmerz eher noch stärker, wenn das Leben für dich entscheidet?

Der Merksatz

Ich weiß, welchen Schmerz ich bereit bin, für meine Zufriedenheit zu ertragen.

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